Betreff
Konzessionsvertrag im Bereich "Energieversorgung"
Vorlage
061/2011 ST
Art
Sitzungsvorlage Stadt

Deutschlandweit kommt es in den nächsten Jahren zu einer Welle von Neuabschlüssen von Konzessionsverträgen im Bereich der Energieversorgung. Damit sind die Kommunen und Gemeinden gemäß Artikel 28 des Grundgesetzes dazu aufgefordert, den Betrieb der Netze neu zu ordnen. Der Konzessionsvertrag der Stadt Lüchow (Wendland) mit der E.ON Avacon AG für den Bereich der Stromversorgung läuft zum 4. November 2012 aus. Die Stadt hat entsprechend des § 46 Absatz 3 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) dieses im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

 

Unter Hinzuziehung des Beratungsunternehmens Göken, Pollak und Partner Treuhandgesellschaft mbH, Wirtschaftsprüfung und Beratung, Bremen, hat die Stadt die Möglichkeiten einer vollständigen bzw. teilweisen Rekommunalisierung der Stromversorgung untersucht. Die gutachterliche Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass ein Rekommunalisierungsvorhaben zu wirtschaftlichen Vorteilen für die Stadt führen kann. Insbesondere durch eine Zusammenarbeit der Stadt mit den Gemeinden der Samtgemeinde Lüchow (Wendland) zeigten sich in dieser Betrachtung zusätzliche wirtschaftliche Vorteile.

 

Insgesamt sind die Vertreter aus den Ortsgemeinden offensichtlich zu dem Ergebnis gelangt, dass das Projekt der Neuvergabe der Wegenutzungsrechte über eine ggf. gemeinsame kommunale Anstalt nicht angestrebt werden soll. Diese Anstalt hätte bei der Rekommunalisierung eine Bündelung der Gemeinden zur Gründung einer Tochtergesellschaft unter Einbeziehung eines privaten Partners zum Ziel.

 

Bilaterale Gespräche mit der E.ON Avacon AG und anderen Anbietern zur gemeinsamen Vergabe der Konzessionen führten erwartungsgemäß nicht zum gewünschten Erfolg und konnten auch nicht die bislang erreichten Ergebnisse verbessern.

 

Die Verwaltung der Stadt Lüchow (Wendland) hält weiter an dem Vorhaben fest, die Vergabe der Stromkonzession mit einer Netzübernahme unter wettbewerblichen Bedingungen anzustreben. Hierfür wurde in einem ersten Schritt die WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH beauftragt, die bestehende Planerfolgsrechnung für die Stadt Lüchow (Wendland) zu aktualisieren und einen Zeitplan für die weitere Abwicklung eines Rekommunalisierungsprojektes vorzuschlagen.

 

Nach den gewonnenen Erkenntnissen der Verwaltung lässt sich erfolgreich ein wettbewerbliches Verfahren zur Übernahme von Netzen nur mit Begleitung von Fachberatern umsetzen. Hierbei sind übliche Berateraufwendungen in einer Größenordnung zwischen 100.000,00 € und 300.000,00 € ohne eine Garantiezusage der Beraterseite in Summe zu erwarten. Aus diesem Grund hat die Verwaltung der Stadt Lüchow (Wendland) Verhandlungen aufgenommen und ein verbindliches Angebot eingeholt, das nur auf Basis einer Erfolgsvergütung eine Zahlung der Beraterleistungen verabredet. Damit stünde die Fortsetzung der Rekommunalisierungsbestrebungen der Stadt Lüchow (Wendland) unter keinem zusätzlichen monetären Risiko.

 

Gemäß Angebot der WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH werden zunächst keine Kosten im Rahmen der jeweiligen Auftragabwicklung anfallen. Die Partner streben aber eine Vergütung der durch die WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH erbrachten Leistungen für den Fall einer Übernahme der Energieversorgung in kommunaler Verantwortung (Erfolgsfall) durch die Gemeinden an. Im Erfolgsfall ist eine verabredete Erfolgsprämie an das Beratungsunternehmen zu zahlen.

 

Gegenstand des Beratungsauftrages ist die Zusammenarbeit in Form der Beratung der WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH und der Stadt Lüchow (Wendland) im Rahmen der gestellten Anfragen zur Rekommunalisierung der Energieversorgung bei auslaufenden Konzessionsverträgen zur Anbahnung einer strategischen Partnerschaft und Netzübernahme.

 

Dieses Vorgehen garantiert der Stadt Lüchow (Wendland) die Fortsetzung ihrer Rekommunalisierungsbestrebungen, ohne dabei weitere monetäre Risiken eingehen zu müssen. Die WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH hat in einer vom 17. Juni 2011 erstellten Stellungnahme unter Berücksichtigung der sich heute darstellenden Situation der Stadt Lüchow (Wendland) Chancen und Risiken eines weiteren Vorgehens zur Rekommunalisierung beschrieben. Zusammengefasst ergeben sich zwei Ansätze:

 

1.         Neuer Konzessionsvertrag

 

Die einfachste Lösung, die jedoch keinerlei eigene Gestaltungsmöglichkeiten bietet, ist der Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages. Dieser kann für 20 Jahre und mittlerweile auch für einen kürzeren Zeitraum abgeschlossen werden. Die E.ON Avacon AG strebt dieses in erster Linie an. Genauso möglich ist eine Vergabe der Konzessionen an einen Drittanbieter, der entsprechende Befähigungen für die Betriebsführung der Netze mitbringt.

 

2.         Rückkauf der Netze mit nachfolgenden drei Varianten:

 

a)         Gründung eigener Stadtwerke (100 % kommunale Anteile)

 

Die Übernahme der Netze in eigene Stadtwerke (oder Gemeindewerke) würde bedeuten, dass sämtliche Ressourcen wie Kapital, Personal und Know-how in alleiniger Verantwortung zu stellen wären. Gegebenenfalls wäre das Unternehmen als ein so genanntes virtuelles Unternehmen abzubilden, so dass sämtliche Wertschöpfung über Betriebsführungsverträge eingekauft werden würde. Dieses Modell bietet die Möglichkeit, sämtliche Aufgaben von der Energiebeschaffung bis hin zum Energieverkauf an den Endverbraucher zu übernehmen

 

b)         Gründung eigener Stadtwerke und Einbeziehen eines strategischen Partners

 

Ein Partner aus dem kommunalen Lager oder aus dem Bereich der Energiekonzerne könnte im Rahmen einer Gesellschaft, Anstalt öffentlichen Rechts oder Genossenschaft hinzugezogen werden. Aufwand und Risiken werden verteilt. Das Know-how steht von Anfang an zur Verfügung. Ebenso wie unter a) können Energiebeschaffung und -verkauf übernommen werden.

 

c)         Verpachtung des Netzes an einen Energieversorger

 

Das Modell der Verpachtung eröffnet den beteiligten Gemeinden nur geringen Gestaltungsraum im Bereich der Einflussnahme auf die Netze und der Entwicklung eines integrierten Stadtwerkes mit weiteren Sparten (Wasser, Abwasser, Bäder, usw.)

 

 

Ziel bei allen diesen Varianten ist es, eine größtmögliche kommunale Einflussnahme sicherstellen zu können (kommunale Mehrheit von 51 %).


Der Rat der Stadt Lüchow (Wendland) beschließt,

 

a)         das Angebot der WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH anzunehmen. Die WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH wird damit beauftragt, die Stromnetze der Stadt Lüchow (Wendland) in einem Pachtmodell oder in einem Betriebsführungsmodell umzusetzen (Variante 2 b oder 2 c).

Dieses soll unter Beteiligung eines strategischen Partners in einer gemeinsamen Gesellschaft mit kommunaler Mehrheit von mindesten 51 % erfolgen,

 

b)         die Stadt erklärt verbindlich, dass während der Projektlaufzeit der WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH keine eigenen Verhandlungen mit den Energieversorgern oder anderen Interessenten über eine Netzübernahme oder einen neuen Konzessionsvertrag geführt werden. Sollten keine Angebote für die angestrebte Partnerschaft der Stadt unterbreitet werden, behält sich die Stadt vor, lediglich einen Konzessionsvertrag abzuschließen (Variante 2 a) und das Projekt damit zu beenden,

 

c)         die Verwaltung wird damit beauftragt, die hierfür notwendigen Schritte einzuleiten und die anstehenden Verhandlungen im Sinne der Stadt zu begleiten sowie die notwendige Unterstützung für eine erfolgreiche Beratung der WIKOM BRAETSCH Beratungsgesellschaft mbH zu gewährleisten und

 

d)         der Zeitplan zur Umsetzung des Projektes wird genehmigt.