Betreff
Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft Informations- und Kommunikationstechnik (VG IuK)
Vorlage
071/1
Art
Sitzungsvorlage SG

Im Rahmen der Bildung von Verwaltungsgemeinschaften ist zum 01.05.2007 die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft IuK geplant. In der Zeit vom 01.05.2007 bis 31.12.2007 erfolgen vorbereitende Maßnahmen. Der Echtbetrieb beginnt dann zum 01.01.2008.

Schwerpunkte der Verwaltungsgemeinschaft bilden zunächst die Schaffung einer einheitlichen, abgestimmten Infrastruktur und die Zusammenarbeit bei der Wahrnehmung von Querschnittsaufgaben ( Bsp. Netzwerk, Hardware, Kopierer, Telefonie ). Darüber hinaus soll auch die Kooperation im Bereich von Servicedienstleistungen gestärkt werden ( Bsp. Anwendungssoftware ).

Ziel sind sowohl Kosteneinsparungen als auch eine nachhaltige  Serviceverbesserung.

Dabei ergeben sich die größten Einsparpotentiale bei nachhaltiger Harmonisierung der IuK Technik und bedarfsgerechter Komplettabnahme der Leistungen.

Die Zusammenarbeit im Landkreis wurde bereits 2003 begonnen, so dass zwischenzeitlich eine größere Anzahl von Serviceleistungen gemeinschaftlich betrieben werden.

Allerdings gibt es auch heute noch diverse Aufgaben, teilweise auch durch vertragliche Bindungen bedingt,  für die unterschiedliche Softwarelösungen genutzt werden. Eine umgehende Komplettharmonisierung hätte zur Folge, dass hohe Umstellungskosten die Einsparungen der Folgejahre aufzehren würden.

Aus diesem Grunde sieht die Vereinbarung eine freiwillige Zusammenarbeit im Bereich der Serviceleistungen vor, um jeden Vereinbarungspartner die Möglichkeit zu geben, Anwendungen ab dem jeweilig wirtschaftlich günstigsten Zeitpunkt abzunehmen.

Es gilt der Grundsatz, dass Querschnittsleistungen abzunehmen sind und Serviceleistungen abgenommen werden können (sollen).

 

Die Projektgruppe EDV ( inkl. Personalverantwortliche ) sowie die Hauptverwaltungsbeamten haben in Ihren Sitzungen vom 07.03.2007 bzw. 23.03.2007 den Abschluss der Verwaltungsvereinbarung einstimmig empfohlen.

 

 

In diesem Zusammenhang bestehen z.Zt. drei Problemfelder:

 

1.) Vergaberecht

 

Die Gründung dieser Verwaltungsgemeinschaft IuK verstößt meines Erachtens gegen europäisches Vergaberecht und ist somit rechtswidrig.

 

Begründung:

Die kommunalen Körperschaften, welche für die Gründung eines Verwaltungsverbandes und die Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf diesen in Betracht kommen, sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB, die nach § 97 Abs. 1 GWB u. a. Dienstleistungen im Wettbewerb und im Wege transparenter Vergabeverfahren zu beschaffen haben.

 

Des Weiteren ist zweifellos festzustellen, dass der Wert der hier zu erbringenden Dienstleistungen den für die Anwendung des gesetzlichen Vergaberechts maßgeblichen Schwellenwert von 200.000,00 (vgl. § 100 Abs. 1 GWB, § 2 Nr. 3 VgV) bei weitem überschreitet.

 

Auch der öffentlichrechtliche Charakter dem man dem zur Gründung eines Verbandes zu schließenden Vertrag beimessen müsste, schließt das Vergaberecht nicht aus. Der EuGH hat zwischenzeitlich klargestellt, dass der öffentlich-rechtliche Charakter eines Vertrages seiner Einordnung als öffentlicher Auftrag im Sinne des Vergaberechts nicht entgegensteht.

 

(EuGH, Urteil vom 12.07.2001 - Rs. C-399/98 -,

WuW/E Verg 461, Rdnr. 73; so auch z. B. Boesen, Vergaberecht, 2000, § 99 Rdnr. 24; Dreher, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. 2001, §   99 Rdnr.7; Eschenbruch, in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, 2000, § 99 Rdnr. 20; Reidt, in: Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Aufl. 2003, Vorb. §§ 97-101 Rdnr. 14; Pieper)

 

 

Die diesbezüglich ergänzende Regelung in der Vereinbarung, die auf Empfehlung des Nds. Wirtschaftsministeriums, aufgenommen wurde, die den Beteiligten ein Sonderkündigungsrecht einräumt, sofern ein Vergaberechtsverstoß festgestellt wird, würde die Samtgemeinde Lüchow (Wendland) zwar nachträglich aus dem Vertrag entlassen, nicht aber von Schadensersatzansprüchen freistellen!

 

 

 

2.) Mehrwertsteuerpflicht

 

Es ist darauf hinzuweisen, dass die EU eine Richtlinie plant, nach der Verwaltungen, die anderen Verwaltungen oder Verwaltungsgemeinschaften mit Aufgaben des eigenen Zuständigkeitsbereiches betrauen, auf den Wert der Dienstleistungen Umsatzsteuer zahlen sollen. Erledigt jede Gemeinde ihre Aufgaben wie bisher, würde die Umsatzsteuer nicht anfallen.

 

Auch wenn nach Aussage des Nds. Innenministeriums nicht von einer Mehrwertsteuerpflicht ausgegangen wird, besteht dennoch Einigkeit, dass unabhängig von der rechtlichen Entwicklung mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Verwaltungsgemeinschaft begonnen wird.

 

 

 

3.) Kostenentwicklung

 

Aufgrund der derzeit sehr unterschiedlichen EDV-Kosten (siehe Anlage 1 - Kostenvergleich und Kostenschätzung) in der

 

Samtgemeinde Lüchow (Wendland) mit derzeit          8,63 € EDV-Kosten je Einwohner und

der Samtgemeinde Elbtalaue mit derzeit                   15,79 € EDV-Kosten je Einwohner sowie

der Samtgemeinde Gatow mit derzeit                          8,64 € EDV-Kosten je Einwohner und

des Landkreises Lüchow-Dannenberg mit derzeit    12,39 € EDV-Kosten je Einwohner,

 

muss sichergestellt werden, dass auch die SG Lüchow (Wendland) von der Gründung dieser Verwaltungsgemeinschaft nachhaltig profitiert.

 

Nach derzeitigen Berechungen könnten Mehrkosten für EDV-Aufwendungen in Höhe von jährlich 52.600,- € auf die SG Lüchow (Wendland) zukommen. Wobei es zu einer Umverteilung der Kosten zugunsten der SG Elbtalaue (Einsparungen 2008: 111.200,- €) und des LK Lüchow-Dannenberg (Einsparungen 2008: 88.000,- €) kommen würde.

(Siehe hierzu die Anlage 1, S.2 – Kostenvergleich und Kostenschätzung)

Sollte die unter Pkt.2 erläuterte Mehrwertsteuerpflicht wirksam werden, ist sogar mit weiteren jährlichen Mehrkosten in Höhe von ca. 35.000 € zu rechnen.

 

Diesen Mehrkosten stünden 2008 folgende Einsparungen gegenüber, falls die Teilnahme an der VG IuK abgelehnt würde:

 

EDV-Kosten für Einwehnerwesen, da Abgabe der Aufgabe an den LK

11.000,-- €

EDV-Kosten für Gewerbewesen, da Abgabe der Aufgabe an den LK

700,-- €

Beteiligung am Kreisdatennetz

4.500,-- €

Mögliche jährliche Einsparungen

16.200,-- €

 


Der Rat der Samtgemeinde Lüchow (Wendland) beschließt:

 

Die Verwaltungsvereinbarung zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft Informations- und Kommunikationstechnik ( VG IuK ) mit Wirkung vom 01.05.2007 wird nur unter folgenden Voraussetzungen abgeschlossen:

 

1.)    Das Land Niedersachsen muss die Samtgemeinde Lüchow (Wendland) von
allen Schadensersatzforderungen Dritter freistellen, die aufgrund von Vergaberechtsverstößen erhoben werden könnten.

2.)    Es muss sichergestellt werden, dass die Samtgemeinde Lüchow (Wendland) 2008 bis 2010 keine höheren EDV-Kosten zu tragen hat, als im Haushaltsjahr 2007 und künftige Einsparungen der VG IuK im Verhältnis zur Größe (gemessen an der Einwohnerzahl) auf die Vertragspartner verteilt werden.