I.
1.)
a) Der
Eigentümer des rund 25.600 m² großen Grundstücks Flurstück 1, Flur 23,
Gemarkung Lüchow, belegen unmittelbar östlich der Saaßer Chaussee (B 248),
beantragte mit Rechtsanwaltsschreiben der Kanzlei Dr. Guthke, Dr.
Zickendraht-W. & Kollegen vom 17. Juli 2008, für das vorbezeichnete
Grundstück eine Änderung des Flächennutzungsplanes mit dem ausdrücklichen Ziel,
das Grundstück mit einem Lebensmittelmarkt bebauen zu wollen. Entsprechend
wurde bei der Stadt Lüchow (Wendland) beantragt, in diesem Sinne einen
Bebauungsplan aufzustellen.
b) Mit
weiterem Rechtsanwaltsschreiben vom 3. November 2008 konkretisierte der
Grundstückseigentümer sein geplantes Vorhaben dahingehend, es sei die Errichtung
eines Lebensmittelmarktes/Verbrauchermarktes beabsichtigt. Die Verkaufsfläche
solle bei etwa 3.000 m² liegen. Hinzukommen sollen Nebenflächen für Lager,
Büro- und Sozialräume in Größe von ca. 1.000 m². Vertrieben werden sollen in
erster Linie Lebensmittel auf einer Verkaufsfläche von ca. 2.500 m², daneben
Drogerieartikel auf ca. 200 m², Tafel-, Küchen-, und Haushaltsgeräte auf etwa
50 m², Hartwaren auf einer Fläche von ca. 100 m² sowie Textilien und
Schuhe auf 50 m² Verkaufsfläche; die Kassenzone soll in etwa 100 m² umfassen.
2.) Bereits
im Jahr 2007 gab es eine Anfrage des Eigentümers des genannten Grundstücks zu
dessen möglicher baulicher Nutzung. Hierzu teilte die Stadt Lüchow/Wendland dem
Grundstückseigentümer mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 mit, dass die
Realisierung eines „nicht innenstadtrelevanten“ Möbelmarktes für möglich
erachtet werde.
II.
Dem
Begehren, für das genannte Grundstück eine Änderung des Flächennutzungsplanes
zur Realisierung eines Lebensmittelmarktes/Verbrauchermarktes im oben genannten
Sinne (vgl. Ziffer I. 1.) b) aufzustellen, kann nicht entsprochen werden, weil
insofern zwingende rechtliche Vorgaben entgegenstehen.
1.) Das
vom Grundstückseigentümer geplante Vorhaben würde den Grundzügen der
Bauleitplanung widersprechen, wie sie in § 1 Absatz 3 BauGB verankert sind.
Nach dieser Vorschrift dürfen Bauleitpläne nur aufgestellt werden, sobald und
soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist.
Flankierend ist hierzu gesetzlich geregelt, dass auf die Aufstellung von
Bauleitplänen kein Rechtsanspruch besteht und ein solcher auch nicht durch
(städtebaulichen) Vertrag begründet werden darf/kann.
Vorliegend würde die Errichtung eines
Lebensmittelmarktes/Verbrauchermarktes auf dem Flurstück 1, Flur 23, Gemarkung
Lüchow in der seitens des Grundstückseigentümers beschriebenen Form der
städtebaulichen Entwicklung und Ordnung i. S. d. § 1 Absatz 3 BauGB
widersprechen. Denn zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit
Lebensmitteln bedarf es keiner weiteren Flächen zur Errichtung von
Lebensmittelmärkten/Verbrauchermärkten, insbesondere nicht an dem vorgesehenen
Standort in Stadtrandlage.
2.) Vor
allem stehen dem beabsichtigten Vorhaben eines
Lebensmittelmarktes/Verbrauchermarktes auf dem Flurstück 1, Flur 23, Gemarkung
Lüchow übergeordnete Planungsziele sowohl des Landes-Raumordnungsprogramms
Niedersachsen als auch des Regionalen Raumordnungsprogrammes des Landkreises
Lüchow-Dannenberg entgegen (§ 1 Absatz 4 BauGB):
a) Das
aktuelle Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen - Teil II - i. d. F. der
Änderungsverordnung vom 21. Januar 2008 macht in Ziffer 2.3 „Entwicklung der
Versorgungsstruktur“ die Zielvorgabe, dass neue Einzelhandelsgroßprojekte
ausschließlich innerhalb des zentralen Siedlungsgebietes des jeweiligen
zentralen Ortes zulässig sind (Konzentrationsgebot). Zudem sind neue
Einzelhandelsgroßprojekte, deren Kernsortimente innenstadtrelevant sind, nur
innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig (Integrationsgebot).
Diese Flächen müssen in das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs
eingebunden sein.
In den Erläuterungen zu diesen Zielen der Raumordnung
wird ausgeführt, der Begriff „Einzelhandelsgroßprojekte“ umfasse
Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe gemäß § 11 Absatz 3
Nummern 1 bis 3 BauNVO sowie Agglomerationen verschiedener
Einzelhandelsbetriebe auch unterhalb der Schwelle der Großflächigkeit, die
entsprechende raumbedeutsame Auswirkungen hervorrufen. Leitvorstellung der
Raumordnung sei ein attraktiver und funktionsfähiger Handelsplatz „Innenstadt“
und damit einhergehend eine nachhaltige Nutzung der vorhandenen Siedlungs- und
Versorgungsstrukturen. Deshalb seien Einzelhandelsgroßprojekte mit
innenstadtrelevanten Kernsortimenten nur in so genannten integrierten Lagen
zulässig. Als zentralrelevant in diesem Sinne werden insbesondere Genuss- und
Lebensmittel, Getränke, Drogerieartikel, Kosmetika und Haushaltswaren
beschrieben. Nur neue Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht innenstadtrelevanten
Kernsortimenten - in diesem Zusammenhang werden unter anderem Möbelmärkte
genannt - sollen unter bestimmten einschränkenden Voraussetzungen ausnahmsweise
auch außerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zugelassen werden.
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass eine Änderung
des Flächennutzungsplanes für das Flurstück 1, Flur 23, Gemarkung Lüchow mit
dem Ziel der Errichtung eines Lebensmittelmarktes/Verbrauchermarktes gegen die
Ziele des Landes-Raumordnungsprogramms Niedersachsen verstoßen würde. Denn der
geplante Lebensmittelmarkt/Verbrauchermarkt soll nach den ergänzenden Angaben
des Grundstückseigentümers vom 3. November 2008 im Wesentlichen dem Vertrieb
von Lebensmitteln dienen, im Übrigen sollen auch Drogerieartikel und
Haushaltswaren als zentralrelevante Sortimente angeboten werden. Dieses
Gesamtsortiment wäre nur in einer so genannten städtebaulich integrierten Lage
zulässig. Dies trifft auf das Flurstück 1, Flur 23, Gemarkung Lüchow eindeutig
nicht zu. Dieses Grundstück ist außerhalb des zentralrelevanten Innenstadtbereiches
von Lüchow (Wendland) gelegen und stellt zurzeit Außenbereichsfläche i. S. d.
§ 35 BauGB dar.
Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens der Stadt Lüchow
(Wendland) „Am Kleinbahnhof/Saaßer Chaussee“ wurde für einen deutlich
innenstadtnäheren Bereich westlich der B 248 im Rahmen der Abwägung bereits
hervorgehoben, jenes Plangebiet habe aus städteplanerischer Sicht nur im
Nordwesten im Bereich des dort schon vorhandenen Baumarktes die Merkmale eines
integrierten Standortes mit Innenstadtbezug aufgewiesen; im Südosten an der
Saaßer Chaussee wurden die Merkmale eines nicht integrierten Standortes
festgestellt. Da die vorliegend betroffene Fläche (Flurstück 1, Flur 23,
Gemarkung Lüchow) noch deutlich weiter vom Innenstadtbereich abgesetzt ist,
muss hierfür Entsprechendes erst recht und in gesteigertem Maß gelten.
b) Nichts
anderes ergibt sich unter Berücksichtigung des ebenfalls gemäß § 1 Absatz 4
BauGB zu beachtenden Regionalen Raumordnungsprogramms 2004 des Landkreises
Lüchow-Dannenberg. Darin ist in den regionalen Zielen bzw. Grundsätzen der
Raumordnung verankert, dass Einzelhandelsbetriebe mit Lebensmitteln
einschließlich Randsortimenten mit Verkaufsflächen über 800 m² nur in Mittel-
und Grundzentren sowie mit über 1.500 m² Verkaufsfläche nur in Mittelzentren
betrieben werden dürfen. Dabei darf die städtebaulich integrierte
Einkaufsmittelpunktfunktion im Ortskern eines zentralen Ortes - die Stadt
Lüchow (Wendland) ist Mittelzentrum - durch Einzelhandelsbetriebe mit
zentralrelevanten Sortimenten im Randbereich eines solchen Ortes nicht
beeinträchtigt werden. In den Erläuterungen hierzu wird wiederum ausgeführt,
dass gerade Nahrungs- und Genussmittel typischerweise zentralrelevante
Sortimente sind.
Auch unter Würdigung des Regionalen
Raumordnungsprogramms 2004 des Landkreises Lüchow-Dannenberg ist festzustellen,
dass ein Lebensmittelmarkt/Verbrauchermarkt auf dem Flurstück 1, Flur 23,
Gemarkung Lüchow, welches eindeutig im Randbereich der Stadt Lüchow (Wendland)
liegt, nicht zulässig wäre, weil dadurch die städtebaulich integrierten
Einkaufsmittelpunktfunktionen im Ortskern beeinträchtigt würden. Dies
widerspräche dem raumordnerischen Bestreben, durch die genannten
Standortanforderungen sicherzustellen, dass die Versorgungsstruktur im
Verflechtungsbereich zentraler Orte durch Raumkonkurrenzen (außerhalb der Innenstadtbereiche)
nicht gefährdet oder beeinträchtigt wird und dass auch für die nicht
motorisierte Bevölkerung in zumutbarer Entfernung eine angemessene Versorgung
mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Lebens nachhaltig und langfristig
sichergestellt ist und bleibt.
3.) Eine
entsprechende Änderung des Flächennutzungsplanes, wie sie vom Eigentümer des
Flurstücks 1, Flur 23, Gemarkung Lüchow gewünscht wird, würde mithin gegen die
verbindliche rechtliche Planungsvorgabe des § 1 Absatz 4 BauGB verstoßen,
wonach Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind, das heißt,
diesen nicht widersprechen dürfen.
Der
Ausschuss für Bau, Verkehr, Wirtschaft und Tourismus beschließt, dem
Samtgemeindeausschuss zu empfehlen, dem Rat vorzuschlagen, folgenden Beschluss
zu fassen:
Der
Rat der Samtgemeinde Lüchow (Wendland) beschließt, die für das Flurstück 1,
Flur 23, Gemarkung Lüchow, beantragte Änderung des Flächennutzungsplanes
nicht vorzunehmen.